Komm, spielen wir Schicksal – Über Ausbeutung von Kindern Teil III – Was wir tun können
Komm, spielen wir Schicksal – Über Ausbeutung
von Kindern
Teil III – Was wir tun können
Es gibt keine großen Entdeckungen und keinen
Fortschritt, solange es
noch ein unglückliches Kind auf der Welt gibt. Albert Einstein
noch ein unglückliches Kind auf der Welt gibt. Albert Einstein
Fortsetzung von Teil 1 & 2
Was
Verbraucher tun können
Jeder
kann etwas gegen die Ausbeutung von Kindern tun. Wichtig bei allen
Anstrengungen gegen ausbeuterische Kinderarbeit ist, dass jedes einzelne Kind
tatsächlich eine sinnvolle Alternative bekommt: In der Regel ist das der Besuch
einer Schule oder eine Ausbildung. Allein mit Aufrufen zum Boykott von Firmen
und Produkten ist es nicht getan. Beispiele aus der Vergangenheit haben
gezeigt, dass solche Aufrufe nur zur Entlassung der Kinder führten, ohne ihnen
aber eine alternative Überlebensperspektive anzubieten.
Eine
andere Gefahr besteht darin, dass Firmen, die in die öffentliche Kritik geraten,
ihre Produktionsstätten in politisch abgeschottete Länder wie China oder Burma
verlagern. Dort sind sie vor kritischen Nachfragen und Recherchen sicher. Vor
diesem Hintergrund sind Menschenrechtorganisationen wie z.B. „Terre des Hommes“
gegen solche Boykottaufrufe. Erfolgversprechender sind Ansätze, die das soziale
Umfeld arbeitender Kinder verbessern.
Kaufverhalten
Kaufen
Sie, wo möglich, Produkte aus „Fairem Handel“ oder mit einem seriösen Sozialsiegel.
Diese Kennzeichnungen sind eine Möglichkeit zu erkennen, unter welchen
Bedingungen Produkte hergestellt wurden. Die Angabe des Herstellungslandes sagt
wenig aus, denn dort kann es Betriebe ohne Kinderarbeiter geben und
gleichzeitig solche, die Kinder ausbeuten. Auch Markenartikel und teure Designerprodukte können unter Beteiligung von Kindern hergestellt sein. Der
Endpreis einer Ware allein lässt in der Regel keine Rückschlüsse auf die Herstellungsbedingungen
zu.
Sorgen
Sie dafür, dass auch Großverbraucher zu gesiegelten Produkten greifen: In
Kantinen kann TransFair-Kaffee ausgeschenkt werden, Gewerkschaften, Vereine
oder Pfarrgemeinden können nur noch Blumen aus gesiegelter Produktion oder
heimischen Betrieben verschenken. Sportvereine können Bälle aus Fairem Handel
anschaffen. Schreiben Sie an Handelsunternehmen und fragen Sie, wie diese Firma
zu Kinderarbeit steht. Solche Nachfragen zeigen Unternehmen, dass Verbraucher
ein Interesse daran haben, dass Waren nicht nur gut und günstig sind, sondern
auch unter Einhaltung der Menschenrechte hergestellt werden. Unterstützen
Sie unsere Projekte für Kinderarbeiter mit Ihrer Spende. Vor Ort kann
direkt geholfen werden – auch der großen Mehrheit der Kinderarbeiter, die nicht
für den Export in Industriestaaten arbeiten.
Faire
öffentliche Beschaffung
Bund,
Länder und Kommunen geben pro Jahr 360 Milliarden Euro für Beschaffungen aus.
Darunter sind auch Produkte, in denen Kinderarbeit und menschenunwürdige Arbeitsbedingungen
für Erwachsene stecken können, wie etwa Natursteine für Bauten und
Straßenpflaster, Berufsbekleidung, Sportbälle, Kaffee, Tee und Orangensaft.
Dass faire kommunale Beschaffung dort am besten funktioniert, wo eine lebendige
Zivilgesellschaft nicht nur von außen der öffentlichen Verwaltung Anstöße gibt,
sondern in den Gemeinden Bewusstsein für die Problematik schafft, zeigt das
Beispiel der Stadt Neuss. Dort hat sich z.B. die örtliche „Terre des
Hommes-Arbeitsgruppe“ in einem lokalen Bündnis erfolgreich für soziale und
ökofaire Kriterien im städtischen Einkaufswesen eingesetzt.
Nicht
überall sind solche Initiativen bei ihrem Stadtparlament oder der Verwaltung
auf so offene Ohren gestoßen. Mancherorts gerät das Thema in den
Parteienstreit, und es fehlt so an einer mehrheitsfähigen Basis. Nicht selten
scheitert das Anliegen an den Sparmaßnahmen der Städte und Kommunen. Aber
selbst dort, wo Bedenken in Rat und Öffentlichkeit über mögliche Mehrkosten
beseitigt werden und das Schicksal von ausgebeuteten Kindern im Süden ins
Bewusstsein gerückt werden konnten, hapert es häufig an der Umsetzung. So kann
es passieren, dass dem positiven Beschluss des Stadtparlamentes keine Umsetzungsschritte
und -bestimmungen folgen. Und mancherorts ist das Thema Kinderarbeit nicht in
den Köpfen der Mitarbeiter der Beschaffungsstelle präsent und wird folglich bei
den Kaufentscheidungen nicht berücksichtigt.
Fragen
Sie ihre Abgeordneten
Eine
ökofaire Beschaffung ist zunächst schwierig und aufwendig. Bei vielen Produkten
gibt es keine ökofairen Anbieter. Und häufig fehlt die Zeit, sich nach
Anbietern mit fairen Produkten zu erkundigen. Schwierig ist es auch, die
Seriosität der Anbieter zu prüfen und die Verfügbarkeit der Ware und
Bestellmengen unter Zeitknappheit zu klären. Diese Schwierigkeiten führen nicht
selten dazu, dass wieder auf die bewährten Anbieter zurückgegriffen wird. Doch
es hat sich einiges verändert. So können die Einkäufer aus den
Beschaffungsstellen der Kommunen mittlerweile auf den Rat der Servicestelle
»Kommunen in der Einen Welt« von INWENT zurückgreifen.
Unter
dem Motto »Keine Steuergelder für ausbeuterische Kinderarbeit« forderte terre
des hommes deshalb im Juni 2008 die baldige Umsetzung der EU-Richtlinien
2004/17/EG Artikel 38 und 2004/18/EG Artikel 26 in nationales Recht über eine
verbindliche Verankerung ökologischer und sozialer Kriterien. In einer
Briefaktion wurden die Bundestagsabgeordneten aufgefordert, in den im Herbst bevorstehenden
Beratungen im Parlament auf das Prinzip der Verbindlichkeit zu drängen. Nur so
kann sichergestellt werden, dass der Schutz von Kindern vor Ausbeutung nicht
ins Belieben von Behörden gestellt oder vom Engagement einzelner Mitarbeiter
abhängt. So kann auch erreicht werden, dass für alle Kommunen die gleichen Ausgangsbedingungen
gelten.
Forderungen
und Ziele
Kinder,
die ausgebeutet werden, müssen aus diesen Arbeitsverhältnissen befreit werden
und eine Ausbildung bekommen. Arbeitende Kinder müssen gestärkt werden und für
ihre Rechte eintreten. Viele Menschenrechtsorganisationen gehen davon aus, dass
Kinderarbeit nicht immer und überall schlecht ist. Wichtig ist, zwischen Ausbeutung
und sinnvoller Arbeit zu unterscheiden: Fachleute aus Afrika betonen immer
wieder, dass die Mitarbeit von Kindern zum Beispiel auf dem Hof der Eltern
traditionell zur Erziehung gehört. Wissenschaftler und Aktivisten in
Lateinamerika setzen sich für das Recht der Kinder auf Arbeit ein und stellen
den westlichen Begriff von Kindheit in Frage, nach dem Kinder geschützt werden
und sehr lange Zeit nicht aktiv am gesellschaftlichen Leben teilnehmen.
Ausbeutung aber, darin sind sich
alle einig, muss abgeschafft werden.
alle einig, muss abgeschafft werden.
Die
schlimmsten Formen der Kinderarbeit müssen sofort beseitigt werden. Dazu zählen
nach der ILO Konvention 182 vom 17. Juni 1999:
a)
alle Formen der Sklaverei oder sklavereiähnlichen Praktiken, wie den Kinderverkauf
und den Kinderhandel, Schuldknechtschaft und Leibeigenschaft und Zwangsarbeit,
einschließlich der Zwangsrekrutierung von Kindern in bewaffneten
Konflikten;
b) die Heranziehung, die Vermittlung oder das Anbieten eines Kindes zur Prostitution,
zur Herstellung von Pornographie oder zu pornographischen Darbietungen;
c) die Heranziehung, die Vermittlung oder das Anbieten eines Kindes zu unerlaubten
Tätigkeiten, insbesondere zur Gewinnung von Drogen und zum Verkehr mit Drogen,
wie sie in den einschlägigen internationalen Übereinkünften definiert sind;
d) Arbeit, die ihrer Natur nach oder auf Grund der Umstände, unter denen sie
verrichtet wird, voraussichtlich für die Gesundheit, die Sicherheit oder die
Sittlichkeit von Kindern schädlich ist.
Wir,
die Kinderarbeiter der Welt
Anstatt
eines Schlusswortes von mir, lasse ich lieber die Kinder selbst zu Wort kommen.
Dazu dient mir die Abschlusserklärung des VII. Treffens der Bewegung
arbeitender Kinder Lateinamerikas und der Karibik (MOLACNATs). An dem Treffen
nahmen Delegierte aus Guatemala, Kolumbien, Paraguay, Peru und Venezuela, sowie
Gastdelegierte aus Bolivien und Ecuador teil. Parallel zu dem Treffen fand eine
Konferenz von Mitarbeiter/innen (colaboradores) der Kinderbewegungen sowie Vertretern
von ItaliaNats, ProNATs und Save the Children Schweden statt.
Erklärung
von Cachipay
Cachipay,
Kolumbien, 14. bis 21. März 2008 Wir, die arbeitenden Kinder (Niños, Niñas y
Adolesentes Trabajadores - NATs) Lateinamerikas, haben uns in Cachipay
(Kolumbien) zu unserem VII. kontinentalen Treffen versammelt, um miteinander
über unsere Erfahrungen und Lebensbedingungen zu sprechen. Es haben Delegierte aus Kolumbien, Paraguay, Peru, Venezuela, Ecuador, Guatemala und Bolivien
teilgenommen; ebenso Schwesternorganisationen aus Europa wie ItaliaNats und
ProNATs.
Unser
Treffen bezeugt, dass die Bewegung der arbeitenden Kinder Lateinamerikas und
der Karibik eine Realität ist. Sie ist das Ergebnis einer mehr als 30-jähringen
Geschichte der Organisationen arbeitender Kinder, die in Lima (Peru) begann und
dank zahlreicher Treffen und Aktionen weitergeführt wurde. Das letzte dieser
Treffen fand 2001 in La Asunción (Paraguay) statt. Der ganze Prozess lag in den
Händen
arbeitender Kinder und fand die Unterstützung verbündeter Organisationen wie Save the Children Schweden und terre des hommes Deutschland.
arbeitender Kinder und fand die Unterstützung verbündeter Organisationen wie Save the Children Schweden und terre des hommes Deutschland.
Während
des Treffens haben wir die Bewegung der arbeitenden Kinder Guatemalas
(MONNATSGUA) in unser Koordinationsgremium aufgenommen, dem wie bisher
Delegierte aus Kolumbien, Paraguay, Peru und Venezuela angehören. Es stimmt
unsere Aktionen aufeinander ab und repräsentiert uns bei allen Gelegenheiten.
Des Weiteren haben wir zwei Delegierte für die Weltbewegung arbeitender Kinder
gewählt, die die Aufgabe haben, der Bewegung der arbeitenden Kinder nicht nur
in
Lateinamerika, sondern in der ganzen Welt neue Impulse zu geben. Ebenso haben wir ein Redaktionskomitee gebildet, das die auf dem Treffen beschlossenen Grundprinzipien unserer Bewegung und unsere Statuten ausformulieren wird.
Lateinamerika, sondern in der ganzen Welt neue Impulse zu geben. Ebenso haben wir ein Redaktionskomitee gebildet, das die auf dem Treffen beschlossenen Grundprinzipien unserer Bewegung und unsere Statuten ausformulieren wird.
Im
Rahmen unseres Nachhaltigkeits-Projektes haben wir einen dreijährigen Aktionsplan
erarbeitet, der die politischen und sozialen Ideale unserer Bewegung in die Tat
umsetzt und die von den organisierten arbeitenden Kindern und ihren erwachsenen
Mitarbeiter/innen gemeinsam vertretene kritische Wertschätzung der
Arbeit zum Ausdruck bringt. Der Aktionsplan wird dazu dienen, uns bekannter zu machen und besser in die Lage zu versetzen, mehr arbeitende Kinder und die soziale Anerkennung zu erreichen.
Arbeit zum Ausdruck bringt. Der Aktionsplan wird dazu dienen, uns bekannter zu machen und besser in die Lage zu versetzen, mehr arbeitende Kinder und die soziale Anerkennung zu erreichen.
Die
gemeinsame Organisation (MOLACNATs) ist für uns ein Mittel, um solidarischer
und stärker zu sein und überall mit einer Stimme zu sprechen. Wir haben uns
verpflichtet, unsere Rechte voranzubringen und Aktionen zu entwickeln, die die
Armut verringern und unsere Arbeitsbedingungen verbessern, sowie den sozialen
Ausschluss und die Gewalt gegen Kinder, vor allem gegen arbeitende Kinder,
bekämpfen. Wir setzen uns dafür ein, dass Kinder in Würde arbeiten können, und verteidigen diese Arbeit. Sie ist für uns ebenso ein Mittel, um die aktive Partizipation
der Kinder bei allen sich bietenden Gelegenheiten voranzubringen.
Wir
sind die vorrangigen Akteure bei der Verbesserung unserer Lebens- und Arbeitsbedingungen
und setzen uns deshalb für Alternativen würdiger Arbeit und bessere
Möglichkeiten zur Ausbildung und aktiven Partizipation der arbeitenden Kinder
ein. Auf diesem Treffen haben wir uns für gemeinsame Aktivitäten aller
Bewegungen der arbeitenden Kinder Lateinamerikas entschieden, die die soziale
Anerkennung aller Kinder zum Ziel haben. Mit unserer Bewegung haben wir schon
viel erreicht, aber wir lassen nicht nach, für folgende Ziele weiter zu
kämpfen:
>
Nationale Regierungen und die Bevölkerungen im Allgemeinen müssen unsere Rechte
beachten und respektieren. Im vorliegenden Fall fordern wir als Betroffene
insbesondere, dass die in Peru, Paraguay und Kolumbien und anderen Ländern mit
der Reform von Gesetzen einhergehenden Verfolgungen und Festnahmen von
arbeitenden Kindern beendet werden. Wir schlagen vor, im Dialog mit uns
alternative
Lösungen zu suchen, die in Übereinstimmung mit der UN-Kinderrechtskonvention stehen. Unsere Rechte bleiben nur gewahrt, wenn all diese Aktionen endlich aufhören.
> Uns arbeitenden Kindern muss zugehört werden und bei Entscheidungen, die uns betreffen, müssen wir einbezogen werden, wobei unsere Vorschläge zu berücksichtigen sind (Gelegenheiten dazu bestehen gegenwärtig in Bolivien und Venezuela, wo Kindergesetze unter aktiver Mitwirkung der arbeitenden Kinder in Planung sind, die zur Verbesserung unserer Lebens- und Arbeitsbedingungen beitragen können).
Lösungen zu suchen, die in Übereinstimmung mit der UN-Kinderrechtskonvention stehen. Unsere Rechte bleiben nur gewahrt, wenn all diese Aktionen endlich aufhören.
> Uns arbeitenden Kindern muss zugehört werden und bei Entscheidungen, die uns betreffen, müssen wir einbezogen werden, wobei unsere Vorschläge zu berücksichtigen sind (Gelegenheiten dazu bestehen gegenwärtig in Bolivien und Venezuela, wo Kindergesetze unter aktiver Mitwirkung der arbeitenden Kinder in Planung sind, die zur Verbesserung unserer Lebens- und Arbeitsbedingungen beitragen können).
> Als lateinamerikanische Bewegung setzen wir uns für ein neues Kindheitsparadigma
ein, das wir auf diesem Treffen gemeinsam mit erwachsenen Mitarbeiter*innen
erarbeitet haben. (Anm. d. Autors: Demnach werden Kinder nicht länger als
inkompetent und nachgeordnet oder als bloßes Potential für die Zukunft
betrachtet, sondern als kompetente Subjekte der Gegenwart, die einen
wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Gesellschaft leisten und
Verantwortung übernehmen können. Die in eigenen Bewegungen organisierten arbeitenden Kinder verstehen
sich als Repräsentant/innen und Protagonist/innen dieses Paradigmas.)
> Wir haben aktiv daran
mitgewirkt, eine Internet-Plattform einzurichten, auf der wir unsere Realität
als organisierte Bewegung und soziale Akteure sichtbar machen. (Anm. d. Autors:
Die neue Plattform dient auch der Kommunikation zwischen den arbeitenden
Kindern des Kontinents und stärkt den Zusammenhalt zwischen den Bewegungen der einzelnen
Länder.)
> Wir wollen eine
Verbesserung unserer Lebensbedingungen erreichen, die auf Vorschlägen für eine
Solidarische Ökonomie beruht, die wir als arbeitende Kinder selbst entwickeln
und praktizieren.
>
Während
unseres Treffen konstituierte sich ein Lateinamerikanisches Netzwerk der
(erwachsenen) Mitarbeiter/innen, die uns vertrauen, zur Seite stehen und sich
entschieden haben, mit und für die arbeitenden Kinder im Sinne der kritischen
Wertschätzung der Arbeit zu kämpfen.
Auf
zur gemeinsamen Bewegung für die Respektierung der Rechte und der Stimme der
arbeitenden Kinder. Die arbeitenden Kinder wissen selbst, was zu sagen ist! Wir
sind nicht das Problem, sondern die Lösung!
Es
lebe die würdige Arbeit der arbeitenden Kinder!
Solidarität
mit den arbeitenden Kindern
Wilfried
John
Dieser Artikel beruht teilweise auf Veröffentlichungen von terre des hommes. Weitere Informationen unter: http://www.tdh.de/content/index.htm
Dieser Artikel beruht teilweise auf Veröffentlichungen von terre des hommes. Weitere Informationen unter: http://www.tdh.de/content/index.htm
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