Mama Afrika weint – Über imperiale Willkür und deren Wirkung bis heute





Der Amerikaner, der den Kolumbus zuerst entdeckte, hat eine böse
Entdeckung gemacht.
Georg Christoph Lichtenberg





Das Jahr 2010… ein Blick auf die Gegenwart offenbart etwas, das in der Allgemeinheit für überwunden gehalten wird: Imperialismus. Gewiss, die Form ist eine andere als früher, doch die Wirkung ist dieselbe. Das Jahr 2010… ein gutes Datum, um einen Blick auf die Zeitgeschichte zu werfen: Vor 125 Jahren teilten die europäischen Großmächte in Berlin einen ganzen Kontinent unter sich auf. Und während sich die Wirkungen des neuen Imperialismus schon bemerkbar machen, sind die Folgen der alten imperialen Willkür bis heute nicht überwunden.



In den Jahren 1884/1885… die europäischen Großmächte (England, Frankreich und Deutschland) einigten sich auf die Einberufung der sog. „Kongo-Konferenz“ am Tagungsort Berlin. Im Ergebnis einigten sich dabei die Beteiligten darauf, wie sie den afrikanischen Kontinent unter sich aufteilen; die Deutschen „legitimierten“ so ihre Eroberungen „Deutsch-Ostafrika“ und „Deutsch-Südwestafrika“.



Mit dem „Scramble for Africa“, wie das Feilschen der Kolonialmächte um afrikanisches Land gelegentlich genannt wird, verbanden sich im auslaufenden 19. Jahrhundert vor allem imperiale Hoffnungen auf den billigen Lieferanten für Rohstoffe im Süden, der von Gold über Erdöl und Mangan bis zum für die Waffenproduktion begehrten Cobalt so viel zu bieten hatte. Auf keinen Fall wollten die Kolonialmächte wegen dieser Ressourcen Krieg gegeneinander führen. Ganz im Gegenteil, also einigte man sich bei der Kongo-Konferenz fast brüderlich (brüderlich im Ungeist des kolonialen Machtanspruchs) über die Aufteilung der beanspruchten Gebiete.



Internationales Kolloquium



Es gibt viele Gedenktage… und das nicht nur in unserem Lande, sondern überall auf der Welt. Neuerdings gibt es sogar internationale, von den UN ausgerufene, Gedenktage, die weltweit an dies oder jenes erinnern sollen. Natürlich ist nichts dagegen einzuwenden, dass z.B. daran gedacht werden soll, Bücher zu lesen oder auf die Reinerhaltung von Wasser zu achten… grundsätzlich wäre sogar nichts gegen einen Gedenktag für Gedenktage einzuwenden.



Es drängt sich mir allerdings der Verdacht auf, dass es bei der Einrichtung solcher Tage (da es sich bei Gedenk- und Jahrestagen um eine Art der Geschichtsschreibung oder des historischen Erinnerns handelt, ebenso wie bei der allgemeinen Geschichtsschreibung selbst), um eine interessengeleitete Art von Vermittlung bestimmter Sichtweisen geht. Darüber, dass die aufgeschriebene Geschichte immer so etwas wie die Geschichte der Sieger ist, habe ich im Zusammenhang mit einigen Buchbesprechungen (*1) schon mehrfach geschrieben.



Es gibt ja wirklich sehr viele Gedenktage... aber es erstaunt nicht allzu sehr, dass die unselige Vergangenheit des Imperialismus (speziell des Deutschen Imperialismus) weder international noch national in Form eines Gedenktages offiziell betrachtet wird. Im Berliner „Haus der Kulturen der Welt“ allerdings, erinnerte man unlängst mittels eines Internationalen Kolloquiums an das imperiale Verdikt vor 125 Jahren, dessen Folgen den sog. Schwarzen Kontinent bis heute prägen.



Vergangenheit wird Gegenwart



Wer heutzutage seinen Blick auf die politische Landkarte Afrikas richtet, kann bemerken (und wundert sich vielleicht darüber), dass die Grenzmarkierungen vielfach aussehen wie mit dem Lineal gezogen. Sie sehen nicht nur so aus! Auf der oben genannten Konferenz wurde das genauso gemacht. Was interessierten da ethnische Zugehörigkeiten, Stammesgebiete oder zusammengehörige natürliche Landschaften? Darauf wollte man keine Rücksicht nehmen. Es ging darum, sich, je nach der Interessenlage der europäischen Kolonialmächte, die ergiebigsten Pfründe zu sichern.



Ich möchte hier auf die speziellen Gräueltaten der damals schon alt eingesessenen Konquistadoren Frankreich und Großbritannien nicht gesondert eingehen (und auf die Rolle Belgiens in diesem Zusammenhang, sollte man speziell schreiben). Als Deutscher nehme ich lieber das Treiben des kolonialen Anfängers – das Deutsche Kaiserreich – in den Fokus; ganz besonders auch deswegen, weil die heutige BRD in der Rechtsnachfolge dieses Deutschen Reiches steht (*2).



Nachdem man sich also die eroberten Gebiete als Besitz hat legitimieren lassen (es stellt sich die Frage, ob sich sehr mächtige Diebe, gegenseitig die Beute als rechtmäßig erworbenes Eigentum erklären können?), ging man nun daran, die eroberten Gebiete auszubeuten. Was folgte, waren Raubbesiedelung, Völkermorde, Zwangsenteignungen, Missionierung, Erniedrigung und Versklavung.



„Die europäischen Mächte waren nicht zuletzt dafür verantwortlich, dass auf afrikanischem Boden der erste große Völkermord des 20.Jahrhunderts begangen wurde“, erinnert Yonas Endrias, Generalsekretär des Afrika-Rates Berlin-Brandenburg, auf dem Berliner Treffen. Gemeint sind die Umstände der Kolonialisierung Deutsch-Südwestafrikas, dem heutigen Namibia, im Jahr 1904, als sich das Volk der Hereros durch einen Aufstand der eindringenden Kolonialarmee widersetzte und mit barbarischen Exzessen dafür bestraft wurde. Danach war das Volk der Hereros nahezu komplett ausgelöscht.



Gegenwart wird Vergangenheit



Die Kolonialmächte waren sich der Schwierigkeiten einer Verwaltung solch großer Gebiete wie z.B. Französisch-Westafrika (wozu das Territorium der heutigen Staaten Mauretanien, Mali, Niger und Senegal gehörte) oder der britischen Gebiete (heute z.B. Nigeria oder auch Kenia) durchaus bewusst. Die Kolonialisten achteten deshalb auf die für ihre Interessen richtige Balance zwischen der Einsetzung von hörigen afrikanischen Politikern in den kolonialen Administrationen und dem Aufbau politischer Institutionen in den Kolonien selbst.



Dabei bediente man sich eines perfiden Tricks: Da die Gebiete – wie gesagt – auf dem Kartentisch zugeschnitten wurden, lebten plötzlich verschiedene Völker in unterschiedlicher Größenordnung innerhalb der neuen politischen Grenzen. Vor allem die Briten – aber auch die übrigen Kolonialmächte – setzten nun genau diese Minderheiten in die entsprechenden Ämter ein. Der so angestachelte Hass der Mehrheitsbevölkerung auf die Minderheiten hatte zur Folge, dass die Menschen sozusagen untereinander „beschäftigt“ waren und ihre Besatzer in relativer Ruhe ihren „Geschäften“ nachgehen konnten.



Bekanntlich wurden die meisten afrikanischen Staaten erst nach 1960 in die sog. Unabhängigkeit entlassen; aus den seinerzeit gezogenen Demarkationslinien zwischen Kolonien, wurden somit erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts Grenzen zwischen sog. souveränen Staaten. Von der wirtschaftlichen Warte aus gesehen, wurden die Länder allerdings nie wirklich selbständig, denn vielfach wurden diese Länder gezwungen, die aus der Kolonialzeit überkommenen Eigentumsverhältnisse (z.B. an Minen oder fruchtbarem Farmland) anzuerkennen.



Wo sie selbst nicht direkten Zugriff auf begehrte Ressourcen hatten, begannen später die großen westlichen Industriestaaten mit einer sog. entwicklungsfördernden Regionalpolitik, die man umgangssprachlich Entwicklungshilfe nennt. Was scheinbar Zugunsten der Länder an Transferleistungen gezahlt wurde (und wird), hat jedoch die imperialistische Ideologie nie hinter sich gelassen, denn nach wie vor (trotz jahrhundertelanger Ausbeutung) ist Afrika der wahrscheinlich reichste Kontinent der Erde. Deshalb ist Macht über Afrika so wichtig. Und so sind heutige afrikanische Regierungen noch immer der verlängerte Arm von alten und neuen Imperialisten – man denke an China oder Indien.



Gegenwart ohne Zukunft



Die Auswirkungen der kolonialen Ausbeutung, die Mitte des 20. Jahrhunderts formal durch eine sog. Entlassung in die Unabhängigkeit beendet wurde, sind immer noch allgegenwärtig: Armut und soziale Ungleichheit, Korruption und wirtschaftliche Abhängigkeiten vom Norden, ethnische Konflikte und kulturelle Überlagerungen. Das Gewicht der afrikanischen Länder in der Weltgemeinschaft war und ist eher gering.
Obendrein war und ist ihre politische Unabhängigkeit immer wieder in Gefahr oder gar ganz außer Kraft gesetzt… z.B. als Folge der Block-Auseinandersetzung der USA und der Sowjetunion.



Die Herausforderung, soziale Demokratien (und Volksbildung als deren Voraussetzung) zu verwirklichen, ist in Afrika so gut wie überall gescheitert; man hat vielmehr den Eindruck, Afrika versinkt im Chaos (besonders deutliches Beispiel: Somalia). Wie eh und je, müssen die Ärmsten der Armen die Rechnung begleichen. Die alten Eliten, die an allen wichtigen Positionen von Wirtschaft und Verwaltung das Sagen hatten und haben, wurden nie zur Rechenschaft gezogen; selbst wenn in einer Revolte oder einem Putsch andere Machthaber an die Spitze der Staaten gespült wurden, verbündeten sie sich sehr schnell mit der Oberschicht, diesen Grauen Eminenzen.



Wenn von den Staaten Afrikas gesprochen werden soll, fallen den meisten Leuten zuerst die Stichworte „Vetternwirtschaft und Korruption“ ein – meist zurecht. Aber nach der Frage: wer ist da korrupt und wer protegiert die Vettern, muss doch die Frage kommen: wer korrumpiert den eigentlich und wem dienen die Vettern? Schnell kommen dann die transnationalen Konzerne und (meist illegale) internationale
Organisationen (z.B. Waffen- oder Drogenhändler, Menschen- oder Diamantenschmuggler etc.) zum Vorschein. Während der Kontinent immer tiefer in Elend und Kriminalität versinkt, schwelgt eine äußerst dünne – und meist in Europa ausgebildete – Oberschicht im Luxus.



Solange diese Situation konserviert oder durch kriegerische Auseinandersetzungen (z.B. Dafur oder Kongo) noch verschlimmert wird, wird aus der Gegenwart Afrikas keine afrikanische Zukunft. Gute Ansätze, wie etwa die im Jahr 1963 gegründete Organisation Afrikanischer Einheit (OAE), sind letztlich im ominösen Sande verlaufen
und auch deren Nachfolge-Organisation, die Afrikanische Union (AU), in deren Gründungsakte zwar die richtigen Themen zu finden sind, die aber in den Jahren ihrer Existenz den Beweis der ernsthaften Umsetzung nicht erbracht hat, ist eigentlich schon gestorben.*3



Dazu kommt, dass die AU es bisher noch nicht fertiggebracht hat, das vergleichsweise kümmerliche Budget selbst aufzubringen… sie hängt zu fast 100% am finanziellen Tropf des Westens und folgt dementsprechend den Erwartungen der Geberländer (hauptsächlich der G8-Staaten). Insofern ist das Schmierentheater der AU nur ein billiger Abklatsch des Originals. Die Vorgängerin, die "Organisation für Afrikanische Einheit" hieß im Volksmund "Club der Diktatoren". Daran hat sich nichts geändert. Aber aus Vorgesagtem geht auch hervor, dass sie es nicht besser konnten, da es ihnen nicht besser vorgemacht worden ist.



Wie hätte z.B. der ehemalige Präsident der USA, Bush jun., einen beliebigen afrikanischen Präsidenten wegen Wahlbetrugs beschimpfen können? Oder wie können westliche Regierungen, die wegen massivem Rückgang der Wahlbeteiligung in Legitimationsproblemen stecken, die Legitimität irgendeiner Wahl anzweifeln? Wie kann die z.B. die EU den Afrikanern von Demokratisierung reden, wenn sie bei der Installierung der EU-Verträge ein Beispiel für die Umgehung der Völker praktizierten? Wie können die wirtschaftsstärksten Länder der Welt den afrikanischen Staaten nahelegen, dass sie ihren Menschen helfen sollen, wenn sie selbst diese Menschen mit hoch subventionierten Agrarprodukten in den Hungertod konkurrieren? Fragen über Fragen.



Wege werden gesucht



Zum Abschluss des Kolloquiums in Berlin zum Jahrestag der "Kongo-Konferenz" wurden die Diskussionsergebnisse in einer Charta zusammengefasst und verabschiedet. Darin enthalten sind völlig unstrittige und eigentlich selbstverständlich anmutende Themen wie z.B. die Forderung nach Ressourcen für die Erforschung und Dokumentation der afrikanischen Geschichte, ein weltweites Forum für Menschen afrikanischer Abstammung oder eine Erklärung, mit welcher der damalige Kolonial-Gipfel als „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ verurteilt wird.



Was damals geschah, ist bis heute nicht wirklich aufgearbeitet worden; bei kaum einem der ehemaligen Kolonialisten. Keine Regierung Deutschlands hat sich je offiziell für den damaligen Völkermord entschuldigt. Nicht einmal in Schulbüchern wird die Kolonisation Afrikas thematisiert. Den Türken allerdings wirft man vor, dass sie den Genozid an den Armeniern nicht zugeben wollen und versucht sie mittels dieses Faktes von Europa fernzuhalten. Diese Doppelmoral ist erschütternd.



Aber man kann sich denken, dass die ehemaligen Kolonialmächte erhebliche Probleme besonders mit dem letztgenannten Punkte haben. Zwar hat das französische Parlament vor ein paar Jahren feierlich den transatlantischen Sklavenhandel und die Sklaverei auf den Karibik-Inseln als "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" anerkannt, aber da keine völkerrechtlich anerkannten Forderungen z.B. nach Wiedergutmachung vorlagen, war das für die Franzosen billig. Anders wird es nun, wenn die Konferenz innerhalb der nächsten drei Monate den Vereinten Nationen ein offizielles Dokument vorlegen wird, in dem auch Reparationen für die einst vom Kolonialismus heimgesuchten afrikanischen Völker verlangt werden… und die Vollversammlung einem solchen Ansinnen zustimmt.



Forderungen nach einer Entschädigung für den oben genannten Genozid an den Hereros gegenüber Deutschland, wie sie nach der Unabhängigkeit Namibias immer wieder laut wurden, hat bisher keine Bundesregierung Gehör schenken wollen. 2001 wurde eine Klage auf Reparationen in Höhe von vier Milliarden Dollar von einem US-Gericht in erster Instanz abgewiesen. Die Bundesrepublik betrachtet Entwicklungshilfe für Namibia als ausreichenden Akt der Wiedergutmachung für die Sünden und Verbrechen der kolonialen Vergangenheit des ehemaligen „Deutsch-Südwestafrika“. So denken – aus oben erwähnten Gründen – auch die anderen europäischen Staaten, welche an der Kolonialisierung beteiligt waren.



Auch wenn ich grundsätzlich damit einverstanden bin, dass ehemalige Kolonialmächte geraubtes Eigentum zurückgeben und angemessene Entschädigung zahlen müssten, so habe ich doch größte Bedenken was die Umsetzung einer solchen Forderung betrifft:



  1. sind die Abscheulichkeiten der Kolonialisierung und des Imperialismus bedauerlicherweise nicht nur auf Afrika zu beschränken; vor allem Lateinamerika, aber auch Asien, hätten auch Ansprüche anzumelden.



  1. Beim Zustand der Afrikanischen Staaten steht nicht zu erwarten, dass Entschädigungen dort ankämen wohin sie gehören, da eine echte demokratische Kontrolle der Verteilung nicht gewährleistet ist; die Gelder verschwänden sicher auf den Nummernkonten der Machthaber z.B. bei Schweizer Banken.



  1. Es ergeben sich zwar hochinteressante aber unlösbare Fragen; z.B. über den materiellen Gegenwert eines Menschenlebens.



  1. Ist es auch eine Frage des möglichen Umfangs, der Größenordnung solcher Entschädigungen; man kann nicht erwarten, dass die Menschen Europas sich verarmen sollen.



Um welche Größenordnungen es gehen könnte, zeigt eine Rechnung, die der ehemalige Präsident der kleinen Karibikinsel Haiti, Aristide, aufstellte: Er forderte, Frankreich soll die 90 Millionen Goldfranken zurückzahlen, die es 1825 nach der Vertreibung der französischen Siedler von der Insel für deren Entschädigung erhalten hatte. Nach heute gültiger Währung sei das ein Betrag von 21.685.155.571 Dollar und 48 Cent… und dabei geht es „nur“ um einen Teil einer kleinen Insel.



Zukunft ist immer



Auch wenn ich oben schrieb, dass ich die AU für erledigt halte, will ich dennoch einmal auf deren Gründungscharta zurückkommen. Wie ich oben bemerkte, sind in ihr die richtigen Themen benannt, um die es auch hier gehen sollte/muss. Unter dem Schlagwort „Afrikanische Lösungen für afrikanische Probleme“, hatte man sich allerlei aufs Panier geschrieben: Die Förderung der afrikanischen Einheit, die Verwirklichung von demokratischen Grundsätzen, Lösung durch Einmischung in die zahlreichen Konflikte des Kontinents und Beendigung des tatenlosen Zusehens bei Menschenrechtsverletzungen, Kriegen und Völkermord. Wichtiger im Zusammenhang mit dem Thema dieses Artikels, wichtiger als die Gründer selbst es wahrscheinlich meinten, sind aber folgende Ansätze: Good Gouverning (=Korruptionsbekämpfung, Chancengleichheit, kostenloser Zugang zu Bildung, Gesundheitsvorsorge etc), Aufbau gemeinsamer Institutionen und eines Afrikanischen Gerichtshofes.



Da Deutschland als Mitglied der G8-Länder eh schon den Unterhalt dieser Organisation AU mitbezahlt, wäre es – meines Erachtens – ein praktikabler Weg, einerseits den bereits oben beschriebenen ideologisch/imperialistischen Hintergrund der sog. Entwicklungshilfe (die weil sie ist wie sie ist, niemals echte Entwicklung generieren wird, was bei den Menschen zurecht Zweifel aufkommen lässt) aufzugeben und andererseits, mittels Entwicklung rechtsstaatlicher Strukturen langfristig eine Art Wiedergutmachung zu leisten, die den Namen auch wirklich verdient (unter langfristig verstehe ich, wenn sofort damit begonnen würde, mindestens drei Generationen), wenn wir diese Zusammenarbeit massiv ausbauen würden. Diesem Beispiel könnten auch die anderen ehemaligen Kolonialmächte folgen, was den im letzten Kapitel angeführten vier Bedenken entgegenkommen würde.



So wäre einerseits eine Politik des berühmt/berüchtigten Schlussstrichs vermieden, andererseits eine Nachhaltigkeit erzeugbar, die aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hat und auch den alten und neuen Imperialisten etwas entgegenzusetzen hat. Die alten (staatlichen) Imperialisten werden repräsentiert von Organisationen wie den IWF *4, die neuen Imperialisten sind keine Staaten mehr, sondern es handelt sich um transnationale Unternehmen wie BASF, Bayer und Siemens (aus deutscher Sicht *5) oder um Wirtschaftsorganisationen wie die WTO. Am Ende des Weges, stünde dann die vollständige Rückgabe des Afrikanischen Eigentums an Bodenschätzen, Farmland und… die Menschenwürde.



Wilfried John



*1) Über den Begriff „Geschichte der Sieger“, habe ich im Zusammenhang
mit einigen Buchbesprechungen, explizit zu Titeln von Eduardo Galeano,
ausführlich geschrieben; nachzulesen unter
http://www.wolfskreis-lyrics.de

*2) Informationen zur Rechtsnachfolge der BRD – vom Wilhelminischen
Kaiserreich, über die Weimarer Republik, das Dritte Reich und die DDR,
kann man in meinem Artikel „Ende des 1. und 2. Weltkrieges – Für
Deutschland erst im Jahre 2010“ nachlesen.

*3) Eine ausführliche Zustandsbeschreibung der politischen Organisation
Afrikas – von der Organisation Afrikanischer Einheit (OAE) zur
Afrikanischen Union (AU) – findet man in meinem Artikel „Ignoranten und
Lügner, Diktatoren und Ganoven“.

*4) Ein uns gute bekannter Mann war viele Jahre Direktor des IWF:
Bundespräsident der BRD, Horst Köhler – ja, genau der Köhler, der heute
so gern nach Afrika reist und den armen Menschen helfen möchte, die er
in seiner Eigenschaft als IWF-Chef noch ärmer gemacht hat als sie
ohnehin schon waren. Über die Rolle des IWF schrieb ich in meinem
Artikel „Spesenritter und Halunken – Zum Weltfinanzgipfel 2009 in London“

*5) Über die unrühmliche Rolle transnationaler Konzerne – am Beispiel
des Waffenhandels mit Kriegsregionen – schrieb ich in meinem Artikel
„Zwei Kugeln in jeden Kopf – Über das internationale Waffengeschäft“

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