Sprache ist mehr als gesagt wird
Der unsachgemäße Gebrauch der Amtssprache, kann zu Missverständnissen führen.
Seit Jahren vergeht keine Nachrichtensendung,
in der nicht wenigstens am Rande über das Klima gesprochen wird. Seit eine
gewisse Greta Thunberg mit ihrem Schulstreik in die Medien kam und eine Welle
des Protestes auslöste, wird nicht nur berichtet, sondern es werden alle Sprachkanäle
benutzt, um in der einen oder anderen Weise Stellung zu beziehen. Kein Wunder
also, dass auch das Unwort des Jahres 2019 etwas damit zu tun hat. Es lautet
„Klimahysterie“. Eine Jury, die das Wort aus rund 400 Vorschläge von Bürgern
ausgewählt hat, findet, dass es am besten zu den Regeln passt, nach denen sie
das Unwort bestimmt: Aus einem Wort wird ein Unwort, wenn es die Würde von
Menschen verletzt, gegen die Demokratie verstößt, gesellschaftliche Gruppen
diskriminiert oder irreführend ist. Meist geschieht dies unbeabsichtigt.
Das zeigt, dass Sprache mehr ist als bloße Informationsvermittlung.
Sprache ist auch Machtausübung, Interessenpolitik und Kampf (hoffentlich immer
um das bessere Argument). Genauso wie man mit Sprache belohnen kann, dann mit
Sprache strafen und wie man ein Thema fördern kann, kann man es auch
diffamieren. So wie das Unwort „Klimahysterie“ den Kampf gegen den Klimawandel
lächerlich macht. Der Ausdruck wurde vergangenes Jahr von vielen Politikern,
Journalisten und Wirtschaftsbossen genutzt. Sie verwendeten ihn, um das
Engagement für den Klimaschutz als blödsinnig einzuordnen.
Ernst Alexander Rauter (1929 – 2006) war ein
österreichischer Schriftsteller und Sprachkritiker. Heute würde man sagen, dass
er in der 68er-Generation Kultstatus innehatte. Er arbeitete u.a. für die linke
Zeitschrift „konkret“ und schrieb für den Kabarettisten Wolfgang Neuss (Der
Mann mit der Trommel). Ohne Zweifel wurde er aber mit zwei seiner Bücher vor
allem in der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit berühmt. Noch heute kann man in „Vom Faustkeil zur Fabrik“ den
historischen Materialismus und das Werden der Gesellschaftsformationen erkennen
und mit „Wie eine Meinung in einem Kopf entsteht“ trefflich über die Rolle von
Medien diskutieren. Ein weiteres, etwas unbekannteres Werk ist das
Vorliegende Sachbuch „Vom Umgang mit Wörtern“.
Zum Buch: Sehr kompakt wir in „Vom Umgang mit
Wörtern“, das erstmals 1978 erschien, über all die oben genannten Funktionen
der Sprache kritisch berichtet. Und, dass das Buch heute aktueller als jemals
ist, hat etwas mit der „explosiven Ausweitung“ von Kommunikation (oder das, was
man dafür hält) auf den Social-Media-Plattformen zu tun. Ein berühmtes Zitat
aus „Vom Umgang mit Wörtern“ lautet: „Viele Kollegen machen sich vor, dass man
zwar ein halbes Jahr lernen muss, um ein Schwein zu zerlegen, oder drei Jahre,
um einen Anzug nähen zu können, dass aber jeder schreiben kann, sobald er etwas
erregt ist.“
Genau das erlebe ich – in Zeiten wie diesen – auf
Social-Media-Plattformen. Um es freundlich zu formulieren: Es wird geplappert
und geplaudert was das Zeug hält. Auf der privaten Ebene ist das auch völlig
unschädlich, weil die Reichweite von Geplapper klein ist, aber schon auf der
Ebene von Plattformen nicht mehr und wenn solche Wortmeldungen ihren Weg auf
eine professionelle Berichterstattungs-Ebene findet haben wir ein Problem. Da
wird faktenloses Geplapper als Meinung verkauft und aus dem Zusammenhang
gerissenen Fakten werden Pseudo-Meinungen gebastelt, mit denen Andersdenkende diffamiert
werden.
Dabei ist Sprache ein ungeheuer kostbares Gut
und hat uns als Menschheit zu dem werden lassen was wir sind: Eine Zivilisation,
die Zivilisation auf diesem Planeten. Wir sollten uns also bemühen, wieder zu
den ursprünglichen Funktionen der Sprache zurückzukehren und es mit der
Wortwahl etwas genauer nehmen. Das vorliegende Buch ist dafür eine großartige
Hilfe uns sehr empfehlenswert.
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